Abb. 12: Eine Gruppe Narwale - Noch heute gemeinhin ein Sinnbild für Grönland

Heute ist der Narwalzahnthron als Relikt des dänischen Absolutismus in Kopenhagen zu sehen. Die zeitgenössische Perspektive auf die Narwalzähne als Material ist weitgehend unerforscht. Nichtsdestotrotz ist der Thron mehr als ein Objekt, das Reichtum und Macht der dänischen Krone repräsentieren sollte. Er ist darüber hinaus ein Zeugnis kulturellen Austausches: Der aus dem arktischen Grönland stammende Narwal wurde Teil der Königskrönung eines europäischen Reiches, dessen Verfügungsbereich die Grenzen des Kontinents weit überschritt. Doch auch in Grönland selbst ist das Tier noch immer bedeutsam: Bis zur grönländischen Verwaltungsreform im Jahr 2008 diente der Narwal als Wappentier der an der Nordwestküste gelegenen Gemeinde Qaanaaq/Thule.

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Abb. 13: Die Briefmarke zeigt Margrethe II. in traditionell grönländischer Kleidung und wurde anlässlich des 70. Geburtstages (2010) der dänischen Königin herausgegeben.

Seit der dänischen Kolonisation Grönlands sind mehr als 250 Jahre vergangen. Die Zugehörigkeit zu Dänemark jedoch blieb und ist bis heute ein Streitpunkt. Die amtierende dänische Königin, Margrethe II., trägt offenkundig keinen Schmuck aus Narwalzahn, noch findet eine offene Unterstützung des Walfangs vor Grönland statt. Bei offiziellen Besuchen in Grönland lässt sie sich mitunter in traditioneller Kleidung der indigenen Bevölkerung ablichten – auf den ersten Blick ein Zeichen des kulturellen Austausches und der Wertschätzung. Doch auch hier muss gefragt werden, was für ein Bild damit übermittelt wird. Was als Respektbekundung gesehen werden kann, sollte nicht unreflektiert bleiben, wodurch sich eine kritischere Perspektive eröffnet. Wie einst der absolutistische Salbungsthron erfüllt auch die traditionelle Kleidung in erster Linie eine repräsentative Funktion: Margrethe II. stilisiert sich als verständige, weltoffene Königin, die fremde Kulturen wertschätzt. Bis auf einige wenige Anlässe trägt sie allerdings westliche Kleidung, die der indigenen Bevölkerung Grönlands taucht vornehmlich auf Briefmarken auf. Darüber hinaus verdeutlichen Auftritte wie diese ein weiteres Mal eine implizit vorausgesetzte Hierarchie: die Regentin, die nicht Teil der Kultur ist, eignet sich situativ dementsprechende Symbole an, obwohl immer klar ist, dass sie wie keine andere Person für die Abhängigkeit Grönlands von Dänemark steht. So kommt es zu Bemühungen einer Harmonisierung kolonialer Konstrukte, die in keinem Fall unproblematisch sind.

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